Vom Walzer zu den bekannten Standardtänzen

verfasst von Gunar Haas, swissdance


Als ältester der Standardtänze kann der Walzer bezeichnet werden, dessen Ursprung bis ins 12. Jahrhundert zurückverfolgt werden kann. Er beherrschte zusammen mit der Polka und dem Galopp die Tanzszenerie des 19. Jahrhunderts. Im Gesellschaftstanz bahnte sich Anfang des 20. Jahrhunderts eine Revolution an. Die ersten Tanzformen aus Amerika kamen nach Europa, u.a. 1907 der Tango, 1910 der Onestep und 1912 der Ragtime.


Während des 1. Weltkriegs war in Frankreich und Deutschland das Tanzen verboten. Anders in England: Bands aus Amerika spielten dort zu den neuen Tänzen. Das wesentliche Merkmal dieser Tänze war die Abkehr von der klassischen Ballettgrundlage und eine Hinwendung zu natürlichen Bewegungsformen sowie die Anpassung an den Rhythmus, der vor allem durch die Jazzmusik vorgegeben war.


Die für die alten Tänze charakteristische Rundtanzbewegung wurde von Gehbewegungen abgelöst, die zunächst noch mit dem Ballen angesetzt wurden. Die Drehungen stellten nicht mehr den Hauptbestandteil der Tänze dar, sondern lediglich einen Teil. Die Tanzhaltung war noch keineswegs so festgelegt wie heute, man tanzte entweder ohne Körperkontakt oder - wie bei den „alten“ Tänzen - in enger, damals oft anstosserregender Tuchfühlung.

Der Foxtrott, der sich u.a. aus Jig und Ragtime entwickelt hatte, mit seinen abwechselnd schnellen und langsamen Schritten, verdrängte alle übrigen Tänze und wurde zum Wegbereiter des so genannten „englischen Stils“. Die langsame Form, der Slowfox (Slow Foxtrot), entstand nach 1900 aus Ragtime und amerikanischer Marschmusik. Eine Vermischung um ca. 1924 mit den damaligen Modetänzen wie Charleston, Onestep und Ragtime führte zu der etwas sperrigen Bezeichnung eines neuen Tanzes, dem „Quicktime Foxtrot and Charleston“, woraus der eingägigere Begriff Quickstep geformt wurde.


Der English Waltz wurde 1921 aus dem alten Walzer und dem geradeaus strebenden Boston als weiträumiger Drehtanz entwickelt. Anfangs war er mehr ein Tanz mit vorwärts strebendem Charakter, ein “dance of passing feet” im Stil des Boston oder des Slowfox. Später wurden durch den vermehrten Drehgrad am Ende des Taktes die Füsse geschlossen. Da die vollen Drehungen sich als problematisch erwiesen, erhielt der Tanz eine Diagonalstruktur, indem jeweils bei der Rechts- und Linksdrehung nur eine 3/4-Drehung getanzt wurde.


Der Tango, der Name bedeutet ursprünglich Tanz oder Tanzfest, fand zunächst in der einfachen Form des Milonga-Tango Eingang. In mehreren Konferenzen Anfang der zwanziger Jahre wurden die Grundelemente und -figuren des englischen Stils vorgezeichnet. Eine wirklich belegte und konkrete Geschichte des Tangos gibt es bis heute nicht. Zahlreiche Quellen widersprechen sich teilweise, aber es gilt als sicher, dass der musikalische Charakter von sizilianischen Cantatores stark beeinflusst wurde. Als „Vorfahren“ gelten in erster Linie die Habanera und die Milonga, sowie Flamenco-Einflüsse.


Bei der „Great Conference“ im Jahre 1929 legte eine allgemeine Resolution Slowfox, Quickstep, Englisch Walzer, Tango und Blues als Standardtänze fest. Einfache Figuren und die Tempi für die einzelnen Tänze wurden in diesem Beschluss bestimmt. Nach 1930 kamen noch zahlreiche neue Figuren hinzu, doch im Wesentlichen werden die Standardtänze nicht viel anders getanzt als damals. Dieser Stil gilt bis zum heutigen Tag für jedermann und nicht nur für Turniertänzer.


Ein einschneidendes Ereignis war 1951 die Aufnahme des Wiener Walzers in die Gruppe der Standardtänze, choreographiert von dem deutschen Tanzlehrer Paul Krebs. Obwohl erst sehr spät dazugekommen, ist er doch unser ältester Tanz. Er lässt sich bis ins 12. Jahhundert zurückverfolgen und gestaltete sich durch vielfältige Einflüsse zu seiner heutigen Form. Die wichtigsten Vorfahren waren der Langaus (möglichst viel Weg mit möglichst wenig Drehungen) und der Dreher (möglichst am Ort drehen). Er wurde mehrfach unter dem Vorwand der Unsittlichkeit und der Gesundheitsgefährung verboten.