Tanzen Sie sich fit

Oft wird Tanzen als steife gesellschaftliche Pflichtübung oder als Bühne der Selbstdarstellung für Leute mit Musikgefühl verstanden. Wahr ist beides nicht: Modern vermitteltes Tanzen ist eine der gesündesten Formen, seinen Körper in Schwung zu bringen. Ob Sie eleganten Walzer, rasanten Rock'n'Roll oder feurigen Salsa tanzen, ist einerlei. Und: Lernen können es alle.

"Kann ich nicht", winken viele ab, wenn sie gefragt werden, ob sie tanzen können. Nur zu oft ist Tanzen mit wenig erbaulichen Erinnerungen verbunden - an peinliche Tanzstunden, als man der oder dem Angebeteten ständig auf die Füsse stand und zwecks Besserung in die Nebenkammer zur Einzelabreibung geschickt wurde; an Dorffeste, an denen zum Tanz aufgespielt wird, man aber hofft, nicht aufgefordert zu werden, aus Angst, neben dem Takt übers Parkett zu stolpern. Kommt hinzu, dass Tanzen häufig als Tribut an gesellschaftliche Konventionen interpretiert wird – viele bemühen sich nur deshalb in einen Tanzkurs, weil sie den Hochzeitswalzer korrekt aufs Parkett legen wollen.

Bei diesen Vorurteilen geht vergessen, dass Tanzen eine der ausgewogensten Methoden ist, seinen Körper in Schwung zu bringen. Alle Elemente der allgemeinen Fitness – Ausdauer, Koordination, Kraft und Beweglichkeit – werden trainiert. Und: Tanzen gehört zu den wenigen sogenannten Life-Time-Sportarten - zu denjenigen Aktivitäten, die man das ganze Leben lang ausüben kann.

Mario Reisch, Vorstandsmitglied des Tanzlehrer-Verbands swissdance und Co-Leiter der Westschweizer Tanzschule K'danse, hält fest, dass der staubige Mief aus den meisten Tanzschulen verschwunden sei. Die moderne Sicht des Tanzens, so Reisch, sei lockerer, freier – und näher am Leben. Die Tanzschulen nehmen aktuelle Trends auf und lassen tanzen, was gerade in ist. Zu diesem modernen Verständnis gehört auch, den Fitness-Aspekt des Tanzens in den Vordergrund zu rücken.
 

Fitness als Supplement

Er habe kürzlich mit dem Herzfrequenz-Messgerät Rock'n'Roll getanzt, erzählt Reisch, und dabei überrascht festgestellt, dass sein Puls auf 150 Schlägen raste. Das Erstaunliche sei, dass er die grosse Anstrengung gar nicht wahrgenommen habe. Natürlich: Reisch ist ein durchtrainierter Spitzentänzer und Rock'n'Roll ein Tanz voller Tempo und Dynamik. Doch was er damit sagen will: Man ist sich beim Tanzen nicht bewusst, wie anstrengend es ist. Fitness gibt's beim Tanzen quasi als Extra dazu. Selbst nach einer Lektion in vermeintlich "harmlosen" Standardtänzen stellt man erstaunt fest, eine körperliche Anstrengung vollbracht zu haben, sinkt müde ins Bett - und spürt vielleicht am nächsten Tag den einen oder anderen Muskel.

Dass Tanzen eine ernstzunehmende Fitness-Disziplin ist, zeigt ein Vergleich der Trainingswirksamkeit verschiedener Sportarten, die swissdance-Expräsident Viktor Berger erarbeitet hat. Auf dem Leistungsniveau von Hobbysportlern figuriert Tanzen zusammen mit den Kampfdisziplinen Judo und Karate sowie Geräteturnen und Squash punkto Wirksamkeit des Trainings ganz zuvorderst.

Tanzen als Unfallprophylaxe

Überraschend ist die Fitness-Effizienz des Tanzens nur auf den ersten Blick. Sie erklärt sich leicht, wenn man sich vor Augen führt, wie umfassend Tanzen den Körper beansprucht. Am offensichtlichsten zeigt sich das im Bereich der Koordination - gemeint sind damit Fähigkeiten wie Gleichgewichtssinn, Bewegungskontrolle oder Reaktionsschnelligkeit. Erst, wer während einer Tanzlektion gewahr wird, wie aufwändig es ist, auch einfach aussehende Schrittfolgen einzuüben, merkt, wie limitiert alltägliche Bewegungsmuster sind - und wie gut es dem Körper tut, dieses Potential, das in ihm steckt, hin und wieder zu aktivieren. Denn: Eine funktionierende Bewegungskoordination hilft im Alltag, Stürzen oder Kollisionen vorzubeugen, die im Alter schwere Folgen haben können. Tanzen ist damit eine wirksame Unfallprophylaxe.
Auch wer mit Haltungs- und Rückenproblemen kämpft, ist mit Tanzen bestens bedient - aus zwei Gründen: Das Tanzbein zu schwingen beansprucht viele Muskelgruppen - und das in gemässigter Form. Das ist vor allem für Leute wichtig, die bisher kein körperliches Training betrieben haben. Sie müssen beim Tanzen nicht befürchten, sich einseitig zu belasten, sondern sie stärken genau diejenigen Muskelpartien in Rücken und Bauch besonders, die im heutigen sitzdominierten Alltag gerne erschlaffen und die schlechte Haltung bedingen. Nicht zu vergessen ist, dass Tanzen die Ausdauer fördert - weil der Puls normalerweise nicht in den "roten Bereich" getrieben, sondern über längere Zeit auf trainingswirksamem, mittleren Niveau gehalten wird.

Es braucht bloss Motivation

Ob diesen idealen Charakteristika der Fitness-Disziplin Tanzen bleibt die Frage, welche Voraussetzungen man mitbringen muss, um einzusteigen. "Es braucht nur Motivation", sagt Tanzlehrer Mario Reisch. Es komme kaum vor, dass jemand nicht fähig sei, tanzen zu lernen - er habe schon mit Erfolg selbst Behinderte oder Leute mit einem Bewegungstrauma unterrichtet. Auch das Alter spiele keine Rolle, genausowenig wie der Tanz, den man wählt. Ob Sie den klassischen Walzer, den sportlichen Rock'n'Roll, den poppigen Disco-Fox oder den raffinierten argentinischen Tango wählen: Mit der Zeit - Lernwille und etwas Geduld vorausgesetzt - lockern sich die steifsten Hüften, verflüssigen sich die ungelenksten Bewegungen, und das mit dem Taktgefühl stelle sich in der Regel auch ein. Die Perfektion des Meistertänzers, die muss man ohnehin nicht erreichen: Das Hochgefühl, wenn man in einfachen Figuren über das Parkett gleitet, verdrängt sehr schnell die Angst, man könnte sich wegen mangelnder Eleganz lächerlich machen.

Tanzen Sie, was Ihnen gefällt

Die Tanzmoden ändern sich ständig. Derzeit ist ein Trend weg vom einsamen "Schwofen" im Techno-Stil zurück zu (nicht nur klassischen) Paartänzen feststellbar. Hoch im Kurs sind die "heissen" lateinamerikanischen Tänze. Die Tanzschulen halten ihr Ohr am Puls - deshalb ist das Angebot heute vielfältig wie noch nie. Wählen Sie aus:


Walzer

Getanzt werden der Englische Walzer sowie der klassische Wiener Walzer. Ersterer ist ein langsamer Tanz, der oft als erster gelehrt wird. Der Englische Walzer besticht durch diverse Figuren­kombinationen wobei der schnellere Wiener Walzer grundsätzlich lediglich die Rechts- und Linksdrehung kennt. Der Wiener Walzer verleiht einem Flügel wie kein anderer Tanz.

Tango

Unterschieden werden der englische Stil und der Tango Argentino. Ersterer besteht aus raffinierten Kombinationen von langsamen und schnellen Elementen, die dem Tanz ein gewisses Feuer verleihen und der dadurch sehr abwechslungs­reich wird. Der Argentinische Tango hingegen ist sehr harmonisch und weich, frei interpretiert und wird in einer sehr engen Tanzhaltung, genannt Abrazo, getanzt.

Slowfox

Ein sehr eleganter und subtiler Tanz. Bis man das angestrebte Gefühl der Schwebe erreicht, muss man diesen schwierigen Tanz intensiv trainieren. Doch wenn man ihn beherrscht, sieht der Slowfox nicht nur fantastisch aus, sondern gibt den Tänzern auch ein wundervolles Gefühl der Ruhe und Harmonie.


Quickstep

Der schnellste und dynamischste unter den Standardtänzen Mit abwechslungsreichen schnellen und langsameren Elementen fegt man quer durch den Tanzsaal. Diverse Figuren­kombinationen machen diesen Tanz sehr interessant und abwechslungsreich. Die Musik ist aufstellend und mitreissend.

Discofox

Ein beliebter und geeigneter Tanz für das Nachtleben. Der Discofox kann auf engem Raum getanzt und durch vielzählige Elemente und Figurenkombinationen sehr anspruchsvoll gestaltet werden. Zu aktuellen und klassischen Musikhits lässt es sich mit dem Discofox durch den ganzen Abend und die Nacht tanzen.

Rock'n'Roll

Der Rock'n'Roll kann einerseits sehr akrobatisch, andererseits aber auch auf bodenständige Art und Weise getanzt werden. Die akrobatische Version besteht aus diversen Hebefiguren, die den Tanz sehr schwierig zum Erlernen werden lassen. Die bodenständigere Version ist dem Swing unterzuordnen und wird grundsätzlich in Paartanzhaltung getanzt.


Samba

Froher, feuriger Tanz aus Brasilien, der sehr sportlich ist und nebst Hüftbewegungen auch die Knie- und Fussgelenke arbeiten lässt. Im Gegensatz zu Rumba, Cha Cha Cha und Jive, wird die Samba in der gewohnten Tanzrichtung entlang getanzt. 

Cha Cha Cha

Zu mitreissender Musik getanzt, ist der Cha Cha Cha der geeignete Einstieg in die lateinamerikanischen Tänze. Es gibt viele Figuren, die man schnell erlernen und auch anwenden kann. Rumba und Cha Cha Cha teilen sich zahlreiche Figurenelemente, die man in beiden Tänzen vertanzen kann.

Rumba

Die Rumba ist sicherlich der sinnlichste Tanz aus dem lateinamerikanischen Repertoire. Die Rumba ist sehr körperbetont und verlangt nach koordinierten Hüftbewegungen. Diverse Elemente aus dem Cha Cha Cha können auch in der Rumba getanzt werden. Die langsame Musik lässt dem Tanzpaar Zeit zum Flirten.


Paso Doble

Anspruchsvoller Tanz, der den Stierkampf aus Spanien verkörpert. Die Musik ist sehr intensiv und unverwechselbar und erlaubt es dem Tanzpaar, die Choreographie perfekt zur Musik zu timen. Mit viel Körperspannung bewegt sich das Tanzpaar teilweise ohne physische Berührung durch den Tanzsaal.

Jive

Der Jive gehört zu den Swing-Tänzen, die Musik ist sehr aufmunternd und teilweise ziemlich schnell. Demnach ist auch der Tanz eher sportlich und verlangt nach einer gewissen Grundkondition. Typisch für den Jive ist die schwingende Hüftbewegung, die durch das Strecken und Beugen der Knie entsteht.

Salsa

Entstanden in Kuba, ist dieser heisse Tanz der Inbegriff für Lebensfreude, Spass und Erotik. Nebst dem kubanischen Stil, der rund getanzt wird, existieren auch lineare Stile, allen voran der New York und der Puerto Rico-Style. Beherrscht man den Grundschritt, kann man einfachere und auch schwierigere Figuren­kombinationen ins Repertoire integrieren.